Plattenkritik: Ran Slavin – Inner Weather (Nocturnal Rainbow)Wolkig bis wolkig

Cover

Leicht hungover rezensieren? Gerne doch: Ran Slavin serviert ein diffuses Klangkonstrukt, das sich wie in Schleiern durch alle Luftschichten zieht.

Ich habe gestern ein paar Bier getrunken. Ich habe ein bisschen zu Hardstyle getanzt und mich, unter die Gen Z gemischt, wie zu alten ID&T-Zeiten gefühlt. Heute fühle ich mich entsprechend so munter wie ein Album von Bohren & der Club of Gore. Weil die Mülheimer gerade keine neue Platte in Aussicht gestellt haben, schade eigentlich, bitte etwas anderes Ruhiges. Ran Slavins neues Album „Inner Weather“ kommt da gerade recht – es ist das sage und schreibe zwanzigste des in Jerusalem geborenen, scheinbar nimmermüden Multikünstlers, der neben spannender Ambient- und Electronica-Musik auch Filme und Videos macht, visuelle Kunst, Installationen, ferner Bücher rausbringt und und und. Stillstand scheint nicht sein Ding zu sein – allein drei Alben binnen eines Jahres hat der Mann rausgehauen.

Das neueste, das im April erschienene „Inner Weather“, ist erst wie ein Punkt, ein einzelner Ton, ein Akkord oder eine Fläche, die sich nicht von der Stelle rührt. Dann beginnt der Ort sich zu bewegen, Rhythmik setzt ein, alles beginnt zu wabern und zu mäandern, die komplexe Klanginstallation bahnt sich ihren Weg, nur um alsbald wieder an anderer Stelle zum Stehen zu kommen. Das innere Wetter, das uns Slavin hier beschert, ist facettenreich wolkig – mal verschleiert-diffus das Licht durchlassende wie eine Altostratus-Wolke, dann wieder monströs wie eine Cumulonimbus. Mal klimpert ein sanftes New-Age-Windspiel vor dystopischen Soundscapes wie in „Before Dawn“, mal prasselt es eher unsanft herab wie in „Localized Eternity“ oder „Coded Longing“. „Inner Weather“ bleibt am Ende rätselhaft, unruhig und fordernd. Der Vorvorgänger „New Dawns“, den ich mir parallel nochmal angehört habe, gefällt mir besser, doch das mag vielleicht auch von der Tagesform abhängen. Stichwort abhängen – das werde ich nun mal dringend tun müssen, man entschuldige mich bitte, danke.

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