Plattenkritik: Ezéchiel Pailhès – Ventas Rumba (Circus Company)Einsaitig

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Die eine Hälfte von Nôze schlägt auf dem fünften Soloalbum bedachtere Töne, genauer: Tasten an.

Als alter Frenchhousehase habe ich mit Aufmerksamkeit wahrgenommen, als Mitte der Nullerjahre dieses schräge Duo namens Nôze auf die Bühne trat, mit seinem wilden Mix aus Polka-Wechselbässen, Jazz, Klezmer, Clubsound und Gesang eine mir in dieser Form noch nie begegnete Darbietung. Ich erinnere mich, es erfrischend gefunden und für das Partyportal, für das ich seinerzeit Texte schrieb, auch rezensiert zu haben. Ich erinnere mich aber auch, dass mir der Sound schnell über war, sodass ich die letzten der insgesamt fünf Platten gar nicht mehr gehört habe, die das Duo bis zu seiner Auflösung 2018 veröffentlichte. Ezéchiel Pailhès, der Nôze zusammen Nicolas Sfintescu bildete, komponierte Filmmusik und releaste schon zu Bandzeiten zwei Soloalben, dann nochmal zwei und jetzt Nummer fünf – Ventas Rumba. Ein instrumentelles Klavieralbum, das man – finde ich – hören kann wie eben ein Klavieralbum eines Künstlers oder einer Band, die sonst keine Klavieralben macht, aber versucht, seine/ihre Musik fokussiert auf das Klavier darzustellen.

Seid ihr noch da? Also: Der Nôze-Vibe klingt durch, dieses mal Lausbubenhafte, mal Melancholische und immer charmant Nostalgische. Es lohnt sich, ganz genau hinzuhören: Das Klavier klingt besonders, not your ordinary piano. Nicht, weil Kieselsteine und sonstige Preparations vorgenommen worden wären wie bei frühen Nôze-Alben, sondern ein „Una Corda“ zum Einsatz kommt, ein aufrechtes Klavier, bei dem es nur eine statt drei Saiten pro Ton gibt, was für einen crispen, präzisen Klang sorgt, nebenbei sieht das Instrument auch noch ziemlich funky aus. Nils Frahm hat das Klavier ursprünglich entwickeln und für sich bauen lassen. Bräsige Synthies wie bei „Pianovado“ oder „Opus 53“ bilden eher die Ausnahme, ab und an ist eine Stimme zu hören, etwa beim barocken Schlusstrack „Ferveur“, der ganz „Nôze“ ist. Ansonsten bleibt der Fokus auf den Tasten – was „Ventas Rumba“ zu einem, im Kontext der Aufgeregtheit, die die Ex-Band verbreitet hat, angenehm unaufgeregten – aber abwechslungsreichen – Album macht. Ach ja: Ich plane fest, den lettischen Wasserfall, der dem Album seinen Namen gegeben hat (der Klavierbauer lebt dort), in diesem Sommer zu besuchen. Ich bringe Fotos mit.

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