Plattenkritik: Philip Glass - ReworkRemixe für die Minimal-Music-Legende

Rework Mash

Ein seltener Glücksfall, die Sammlung von Neubearbeitungen!

Muss das denn sein? Eine mehr oder weniger zufällig zusammengewürfelte Truppe von mehr oder weniger zeitgenössischen Produzenten und Komponisten remixen mehr oder weniger zufällig ausgewählte Stücke von Philip Glass? Unbedingt, wie sich herausstellt. Die Motivation des Rezensenten ist zunächst sehr projektorientiert, ohne große Erwartungshaltung.

Es galt, die akribisch geführte Johann-Johannsson-Sammlung zu vervollständigen. Wenn schon, denn schon. Doppel-Vinyl, natürlich die spezielle Erstauflage in durchsichtigem Polycarbonat, bestellt direkt beim Label in New York, dessen Lagerhaus dann leider dem Wirbelsturm Sandy nicht standhielt und als die Bestellung dann endgültig vergessen war, lag die LP in der Post. Will sagen: Der Aktualitätsbezug macht hier Pause, das passt jedoch sowieso, bei einer derart gelungenen Remix-Sammlung stellt sich die Frage nach VÖ-Daten nicht. Die Fakten: My Great Ghost, Tyondai Braxton, Nosaj Thing, Dan Deacon, Amon Tobin, Silver Alert, Memory Tapes, Cornelius, Beck, der schon erwähnte Johann Johannsson, Pantha Du Prince und Peter Broderick remixen Glass. Das geht in unter vier Minuten (Memory Tapes) oder aber in über 20 Minuten (Beck). Der darf das auch, immerhin hat er das Album für und mit Glass kuratiert. Vollkommen egal, wie viel Zeit die Mixer brauchen, jedes Ergebnis ist ein kleines Juwel.

Es ist nicht die gezwungende Flucht auf den Dancefloor, die erzwungende Verjüngungskur, mit in Auftrag gegeben von einer Anschluss suchenden Legende. Es ist aber auch nicht der fatale Absturz in die vermutet abstrakte Denkweise des Komponisten, nicht die Übernahme der Pattern-basierten Repetitionen. Es ist vielmehr ein Glücksgriff. Die klaren und doch kleinteilig fragilen Strukturen von Glass' Kompositionen bieten so offenkundige Anknüpfunkspunkte für die Bearbeiter, dass jeder Mix für sich ein neuer, hell leuchtender Rubin in seinem Katalog ist. Die Stücke: nach bestem Wissen und Gewissen ausgewählt. Die Bearbeitung: eigen und überhaupt nicht zwingend nahe dran. Respekt: immer da und doch nicht. Heißt: Das Konzept, dass man bei Remixen so oft vergeblich sucht, das fruchtbare Kollidieren zweier Welten also, geht hier tatsächlich auf. Besondere Beachtung verdienen My Great Ghost und Nosaj Thing für radikale Verspieltheit, Cornelius für Piano-Tupfer, Johannsson für die große Hommage und Pantha Du Prince für das epische Stück House. Hier geht die Glöckchen-Liebe tatsächlich erstmal voll und ganz schlüssig auf. Empfohlen sei an dieser Stelle ganz ausdrücklich die Schallplatte (Download inklusive), fasst sich einfach besser an. Die paar Euro mehr sind es wert und hier besser investiert als in der angeschlossenen iPad-App, die zwar schön anzusehen ist, dann aber doch zu wenig Mehrwert mitbringt.

Philip Glass, Rework, ist bei Ernest Jennings erschienen.

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