Mobil gegen BraunBerlin hat jetzt eine App gegen Nazis

appgegennazis

Mit einer App für Smartphones will die Berliner Senatsverwaltung den Protest gegen rechtsextreme Aufmärsche unterstützen: „Berlin gegen Nazis“ soll vor allem Menschen ansprechen, die nicht im inneren Twitter-Aktivismus-Stream echtzeitkundig sind, wo sich ein Aufmarsch formiert, sondern andere Zielgruppen, die sich informieren und einbringen möchten, aber bisher vielleicht nicht wissen wo. Ob es funktionieren wird?

„Berlin braucht ein breites zivilgesellschaftliches Engagement“, sagt Bianca Klose, Geschäftsführerin des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin anlässlich der Präsentation der App „Berlin gegen Nazis“. Den Satz kann man unterschreiben. „Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus haben in Berlin keinen Platz“, lässt die abwesende Integrationssenatorin Dilek Kolat verlautbaren. Den Satz weniger. Es ist eine dieser Aussagen, die einen nicht weiterbringen, weil sie die Realität – Narzissmus, Fremdenfeindlichkeit und Co. sind durchaus präsent in der Stadt – galant umgehen. Und nicht recht zu dem passen, was durch ihre Senatsverwaltung gefördert, entwickelt und jetzt vorgestellt wurde: Eine mobile Lösung nämlich, die darauf aufmerksam macht, wo rechtsradikale bzw. fremdenfeindliche Veranstaltungen – Treffen, Aufmärsche, Demonstrationen – stattfinden bzw. wie sich diese entwickeln (z.B. bei Änderung der Route). Stattfinden – und somit ihren Platz haben – tun sie nämlich oft genug. Man bekommt es nur oft gar nicht oder zumindest nicht früh genug mit. Zuletzt haben sie mit flüchtlingsfeindlichen Anwohner-Informationsveranstaltungen eine weitere Form bekommen. Über solche Treffen, in deren Rahmen klare Forderungen formuliert werden, sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen zu wehren, werde man daher im Rahmen des Projekts ebenfalls informieren, so Bianca Klose.

Appgegennazis2

Und das alles auf dem Smartphone: Die App „Berlin gegen Nazis“ ist der mobile Ableger der 2013 gestarteten, gleichnamigen Onlineplattform. Mit durchaus modernem, sleeken Look. Infos erhält der Nutzer auf Wunsch per Push-Nachricht, er kann Bilder teilen, Texte lesen, eine Karte zeigt ihm den Verlauf von rechtsextremen Kundgebungen an, mit in Braun eingefärbter Linie. Unter „Aktuelles“ finden sich Meldungen zu Mobilisierungen und Protestaktionen, in „Aktionen“ Hintergrundberichte und Fotostrecken, so jedenfalls die Planung. Natürlich gibt es auch eine Sharing-Funktion. Und all das dreisprachig: deutsch, englisch und türkisch. Spätestens jetzt stellt sich die Frage: Woher kommt der Content, der in der App zu lesen und zu sehen ist, woher stammen die Infos, und wer übersetzt das alles auch noch? Die Nutzer der App können daran nicht partizipieren, jedenfalls nicht direkt. Bilder oder Texte hochladen geht nicht. If you see something, say something – also eine Art Warnsystem – ist via App nicht möglich, man kann allerdings eine E-Mail schreiben. Die Inhalte werden ausschließlich von der eigenen Redaktion des Projekts eingepflegt. Die gut informiert ist, gegencheckt und filtert, wie das eben eine Redaktion tut. Allerdings besteht sie zurzeit nur aus einer Halbtagskraft. Das ist wenig, wenn sich am Samstagnachmittag der Routenplan ändert und die Infos erfasst, übertragen und vor allem übersetzt werden wollen. Dessen sei man sich im Projekt bewusst, erklärt Bianca Klose, und man arbeite daran, mehr Kapazitäten bereitstellen zu können.

Zeit(vorsprung) kann indes eh nicht die Kategorie sein, mit der diese App wird punkten können. Twitter ist immer schneller. Aber darum geht es auch nicht, sondern vielmehr um einen digitalen Ort für gefilterte, gut aufbereitete Information zum Thema. Anti-Twitter. Einen Kalender, wann und wo Veranstaltungen und Kundgebungen stattfinden (auch und gerade gegen Rechts) gibt es auf der Projekt-Webseite schon. In der App wäre er noch sinnvoller. Auch die starken Partner an Bord, nicht zuletzt die Berliner Clubcommission, hätten sicherlich einige spannende Inhalte und Termine anzuliefern. Noch findet sich davon nichts in der App, aber man ist ja eben auch erst gestartet. Eine Weiterentwicklung, technisch wie inhaltlich, wird sicher kommen. Muss, will man relevant sein. Der Protest gegen Nazis, Fremdenfeindlichkeit hat, zumal in Berlin, vom stummen Protestmarsch über Klatschpappen und Wegbassen bis zum „Europäischen Mauerfall“ vielfältige Ausdrucksformen gefunden – eine App, die diese Vielfalt aufgreift und darstellt, sie wäre dem weltoffenen und toleranten Berlin-Selbstbild angemessen. Der erste Schritt ist gemacht, die App ist da für Android und ab dem 5. Dezember für iOS.

Mix der Woche: Aroy DeeDie Techno-Weltreise

Auf dem Weg: Irgendwo zwischen Bergen und Geilo. 24.11.2014Eine Kamera, ein Bild und seine Geschichte