Verschiebt Spotify den Börsengang?Bericht: Wall Street winkt ab, Streaming-Dienst verdient nicht genug Geld

Spotify-Börse

Das Streaming-Jahr 2017 beginnt mit eher nicht so guten Nachrichten. Am Tag, an dem Snapchat an die Börse geht, steht die Aktien-Zukunft von Spotify in den Sternen.

Mit dem Streaming von Musik Geld zu verdienen, das das Geschäftsmodell nachhaltig finanziert und das Unternehmen wachsen lässt, ist keine ganz einfache Aufgabe. Vor allem und besonders, wenn man a) Spotify ist, b) ein Großteil der Kunden immer noch lieber Werbung in Kauf nimmt als regelmäßig Geld einzuwerfen, c) das Streaming von Musik die alleinige Einnahmequelle ist und d) über die Jahre ein Lizenzmodell aufgebaut hat, das dem Prinzip Profitabilität konträr entgegen steht.

Wie Spotify genau funktioniert, darüber werden aktuell hoffentlich schon diverse schlaue Bücher geschrieben. Als Platzhirsch und Vorreiter des Streaming-Geschäfts hatte das Unternehmen lange Zeit einen schlechten Ruf und stand unter dem Verdacht, nicht genug, wenn überhaupt Tantieme an die Rechteinhaber zu zahlen. Prominente Musiker echauffierten sich auf Twitter, sperrten ihren Katalog für das schwedische Unternehmen, nachdem ein Blick auf die Abrechnungen nichts als Wut, Frustration und Resignation zuließ. Tatsächlich hat Spotify seit der Gründung 2006 über 5 Milliarden US-Dollar an Tantiemen ausgezahlt, komplex ist vielmehr der Verteilungsschlüssel. Glaubt man den Informationen von Analysten zahlt Spotify prozentual deutlich mehr als beispielsweise Apple Music, nämlich 70 Prozent vs. 58 Prozent.

Diese eigentlich gute Nachricht, dass Spotify einen Großteil der Einnahmen an Labels, Verlage und Künstler auszahlt, könnte dem Unternehmen nun mittelfristig zum Verhängnis werden. Techcrunch berichtet, dass der Börsengang des Unternehmens, ursprünglich für dieses Jahr geplant, auf 2018 verschoben werden muss. Das klingt nach keiner großen Katastrophe, ist es faktisch aber doch. Spotify verbrennt Geld. In einem wahnsinnigen Tempo. Schuld daran sind die Verträge mit den Lizenzgebern, vor allem den Majorlabels, die selbst Anteile an dem Streaming-Dienst halten. Und dieses Verbrennen von Geld macht das Unternehmen immer uninteressanter für die Wall Street.

Wachstum muss sich rechnen

Zwar kann man Spotify nicht mehr als Start-up bezeichnen, dafür ist der Dienst schon zu lange am Markt und mit seinen mehr als 100 Millionen Kunden (Stand: Juni 2016) – 40 Millionen davon zahlend, September 2016 – auch tatsächlich zu groß. Doch reine Kundenzahlen beeindrucken niemanden mehr an der Börse, diese Zeit ist lange vorbei. Wachstum muss sich rechnen. Und bei der aktuellen Vertrags- und Lizenzsituation, hier sind sich Experten einig, kann sich das Wachstum von Spotify einfach nicht rechnen. Verträge – so heißt es – werden neu verhandelt. Ausgang: ungewiss. Ob gerade die Majors bereit sind, auf Einnahmen zu verzichten, um so einen der wichtigsten Ausspielwege für ihre Inhalte am Leben zu halten? Würde sich dieser globale Protektionismus (Spotify ist zur Zeit in rund 60 Ländern verfügbar) lohnen?

Hinzukommt, dass Spotify 2016 sich ordentlich Geld geborgt hat. Kein neues VC, sondern ganz klassische Kredite. 500 Millionen Dollar im Januar 2016, eine weitere Milliarde Dollar im März 2016. Zu streitbaren Konditionen und aus unbekannten Gründen: „Wachstum“, „Marketing“ wurden angeführt, außerdem sei man an der Produktion von Videos interessiert. Streitbar waren die Konditionen vor allem in Hinblick auf den Börsengang. Der erste Kredit garantiert Geldgebern einen Rabatt von mindestens 17,5 Prozent auf den Aktienpreis, der zweite Kredit sogar 20 Prozent. Laufzeit: jeweils zwölf Monate. Die ersten zwölf Monate sind nun vorbei. Der verabredete Rabatt steigt nun alle sechs Monate um weitere 2,5 Prozent. Vereinbarter Zinssatz für das erste Jahr: fünf Prozent, gefolgt von einer halbjährigen Steigerung um je ein Prozent. Bei zehn Prozent Zinsen ist der Deal dann endlich gedeckelt.

Spotify steht 2017 zwar nicht vor einem Scherbenhaufen, aber mindestens vor einer skurrilen Situation. Geld wird nicht ausreichend verdient, gleichzeitig ist das Unternehmen mit einer aktuellen Bewertung von rund acht Milliarden US-Dollar selbst für Branchengrößen bzgl. einer Übernahme nicht attraktiv. Weil die Branchengrößen alle selbst Musik-Streaming anbieten, diesen Service aber immer durch andere Geschäftsbereiche quer- oder refinanzieren können. Spotify bleibt nur die Musik. Und die lohnt sich nicht. Zumindest nicht mit der aktuellen Vertragslage.

Mit Material von Techcrunch und Digital Music News

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