Leseliste 04. November – andere Medien, andere ThemenFahrradklau, Juwelenraub, Einkaufen in Berlin und Neil Tennant

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Fahrradklau

Die Hauptstadt Berlin ist auch die Hauptstadt der geklauten Fahrräder. Alle 17 Minuten wird hier ein Fahrrad geklaut, oft von professionellen Diebesbanden, bei denen selbst die dicksten Schlösser nur ein müdes Lächeln provozieren. Alleine im letzten Jahr sollen Räder im Wert von 18,6 Mio. Euro gestohlen worden sein. Karl Grünberg geht für den Tagesspiegel dem Phänomen auf den Grund. Er spricht mit Stefan Kliesch, einem Neuköllner Polizisten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen diese übermächtigen Windmühlen anzukämpfen, aber auch mit der Staatsanwaltschaft, denen jegliche Mittel fehlen, auch nur irgendetwas dagegen zu tun. Die Aufklärungsquote liegt nämlich gerade mal bei 3,9 Prozent.

„Der Mann am Telefon lacht auf. „Sie fragen nach Fahrraddiebstahl?“ Und in diesem Lachen steckt schon alles drin, was man wissen muss: Desinteresse gepaart mit Hilflosigkeit. Dann blafft er los: „Wissen Sie, was hier los ist? Mord, Totschlag, Banden. Ich wüsste jetzt nicht, wen ich fragen sollte. Es gibt keinen, der das gesondert bearbeitet oder verfolgt. Wie stellen Sie sich das denn vor?“ Der Mann ist nicht irgendwer, sondern einer der Pressesprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Und vielleicht hat er recht. Wen interessieren schon Fahrräder und der Umstand, dass in Berlin alle 17 Minuten eines davon geklaut wird.“

Alle 17 Minuten wird in Berlin ein Fahrrad gestohlen

Juwelenraub

Mitte Januar 2016: Fünf maskierte Männer in Hoodies betreten eine Uhren-Boutique in Costa Mesa, Orange County, und stehlen 133 Rohlex-Uhren im Wert von rund 2 Millionen Dollar. Muss man erstmal hinkriegen, ist in diesem Fall aber nur ein kleiner Coup zwischen vielen anderen. GQ erzählt die Geschichte eines Diebesrings aus Südkalifornien und die des Special Agents, der ihn zu Fall brachte. Lang – aber hochspannend.

„The robbers, possibly aware that the watches had trackers in them, had thrown some of their $600,000 worth of loot out the window. Just as in Century City, they were long gone.“

The Time Bandits of Southern California

Shopping

In Berlin gibt es seit dieser Woche 69 Malls. Die neueste hat gerade eröffnet – zwischen Warschauer Straße und der Mehrzweckhalle für Drake und Eishockey. 69 Konsumtempel mit 69 Mal den gleichen Läden. David Wagner hat die Eröffnung für einen Spaziergang durch den Bau des niederländischen Architekten Ben van Berkel genutzt und wundert sich. Über das Phänomen Mall an sich, über die Location, das neue Stadtquartier drumherum und die Quadratmeterpreise für Gebäude, in denen niemand lebt und auch nicht leben möchte.

„Der schönste Ort der bisher nur zu neunzig Prozent vermieteten East Side Mall ist das obere Parkdeck: freie Sicht, Luft und Sonne auf dem Dach. Am Eröffnungstag gegen halb zwölf stehen nur wenige Autos dort, die meisten mit Zwei- und Drei-Buchstaben-Kennzeichen.“

Berlins neues Konsum-Museum

Pet Shop Boys

Foto: Joseph Sinclair

Che Guevara And Debussy To A Disco Beat

Als Mittsechziger – und gelernter Journalist – könnte Neil Tennant von den Pet Shop Boys locker seine Autobiografie schreiben. Will er aber nicht, sei zu langweilig, sein Leben. Na, na. Der soeben erschienene Band „One Hundred Lyrics and a Poem by Neil Tennant“ möge als Ersatz dienen, sagte der Singer-Songwriter dem Guardian. Die Texte der Pet Shop Boys: ironisch, subtil, über Bande kritisch. Oder dialektisch, wie unser Autor Sulgi Lie mal über „Love etc.“ anmerkte: „You don't have to beautiful but it helps.“ Materialismus, Schwulsein, wie scheiße Thatcherismus ist und die Blair-Ära nicht viel besser: Vieles haben die Boys in fast 35 Jahren Bandgeschichte thematisiert, ohne dabei die Moralkeule zu schwingen. Das wäre dann auch nicht mehr ihr Stil. Ein Gespräch über Pop, Text und Kontext.

„Lily Allen can write these amazingly and actually quite funny direct slag-offs of people and stuff like that. That’s just not who I am, I’m afraid. It isn’t anything to do with pronouns, it’s to do with poetry really.“

Sometimes I think, where’s the art, the poetry in all this?

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Curses, Roman Flügel und William Basinski & Lawrence English

Mix der Woche: Johanna Schneider & DorisburgHybrid macht auch Aphex Twin