Leseliste 08. September 2019 – andere Medien, andere ThemenKlassische Musiker, Prince, Digitaler Faschismus und die Zukunft der Verlage

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Klassische Musiker

Wer sein täglich Brot mit klassischer Musik verdient, genießt in Sachen Kultur das höchste Ansehen. Ganz demgegenüber fällt das tägliche Brot ziemlich mager aus, wenn keine finanziell liquide Familie im Hintergrund aushilft bzw. den Lebensstandard ohne eigenen Verdienst aufrecht erhält. Wie eine Klassik-Karriere nicht selten ohne den betuchten Background verläuft, beschreibt dieser Longread bei The Buffler – unbedingt lesenswert.

Classical music is cruel not because there are winners and losers, first chairs and second chairs, but because it lies about the fact that these winners and losers are chosen long before the first moment a young child picks up an instrument.

Strike with the Band

Die Autobiografie von Prince

Im Januar 2016 bekam der Autor Dan Piepenbring eine Einladung von Prince in den Paisley Park in Minnesota. Prince plante mit ihm seine Autobiografie zu verfassen. Was indes keiner planen konnte, war der überraschende Tod von Prince nur drei Monate später. In diesem Longread für den New Yorker berichtet Piepenbring von dieser Zusammenarbeit und auch darüber, dass Prince zu der Zeit bereits eine sehr genaue Vorstellung ausgearbeitet hat, wie dieses Buch aussehen sollte.

Behind his sphinxlike features, I could sense, there was an air of skepticism. I tried to calm my nerves by making as much eye contact as possible. Though his face was unlined and his skin glowed, there was a fleeting glassiness in his eyes. We spoke about diction. “Certain words don’t describe me,” he said.

The Book of Prince

afd diskurs facebook

Digitaler Faschismus

Passend zu den dramatischen Zugewinnen der AfD bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen vor einer Woche nimmt eine Studie des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik die Frage in den Blick, warum der Hass in den Sozialen Medien so ausbreiten konnte. Zur Erinnerung: Die AfD hat auf Facebook mehr Follower als CDU und SPD zusammen. In der Untersuchung – „Digital Fascism: Challenges for the Open Society in Times of Social Media“ – wird gefolgert, dass Missmut, Frustration und Ängste geschickt miteinander verknüpft werden: Man macht sich die Gefühle der User zunutze, und so entsteht eine äußerst unscharfe Pseudo-Betroffenheitskultur, die autark funktioniert, sich selber immer wieder hochstachelt und bewusst von den Rechtsradikalen befeuert wird.

"Digitaler Faschismus", so die Studie, "kann charakterisiert werden durch den Umstand, dass Massen sich über soziale Medien selber manipulieren. Faschistische Entwicklungen verdanken sich neuen Kommunikationsstrukturen, die die Wahrnehmung extremistischer Narrative verändert haben."

Im digitalen Faschismus-Strudel

Die Zukunft der Verlage – oder ihr Ende

Thomas Knüwers Medien-Analysen sind immer lesens- und hörenswert, so auch diese: Als Aktualisierung eines vor sechs Jahren verfassten Texts zur Zukunft der Verlage hat er sich erneut das Print- und Digitalbusiness des Landes vorgeknöpft und ein paar starke Thesen formuliert, wie es weitergehen kann, wird, muss in der deutschen Medienlandschaft. Die er, Überraschung Überraschung, für nicht besonders progressiv hält. Weshalb er den Verlagsmenschen des Landes rät, mal auf Konferenzen zu reisen, die nicht vom eigenen Zeitungsverband ausgerichtet werden: Indierock in Austin statt Discofox beim Bundespresseball. Es macht Spaß, seine Ausführungen zu lesen, mit vielen guten Beispielen und Argumenten. Am Ende gibt's eine echte Ansage – wir sprechen uns dann in fünf, sechs Jahren wieder.

Die größte, deutsche Tageszeitung – die „Bild“ – hat realistisch noch fünf Jahre, bis ihr Druck eingestellt wird, ihrer Schwester „Welt“ geht es nicht anders. Die Einstellung der beiden wird eine Erschütterung in der Medienwelt auslösen und das Segment „Zeitung“ aus den Plänen der großen Mediaagenturen entfernen – und eventuell auch das Segment „Zeitschriften“.

Weil der Verlag sich ändern muss – Version 2019

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Black Light Smoke, Shadowax und Mat Reetz

Mix der Woche: Jori HulkkonenMilleniums-House aus Skandinavien und Finnland