Leseliste 31. Oktober 2020 –andere Medien, andere ThemenTaiwan, The Intercept, Philosophie der Welle und Gastro-Lockdown

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Photo by Jon Sailer on Unsplash

Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um – fortan bereits samstäglich – Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind. Und zum Glück abgespeichert wurden.

Halbleiter

Es ist eigentlich pervers, den Konflikt zwischen China und Taiwan – und dessen mögliche Folgen – an so etwas Lapidarem wie Mikrochips durchdeklinieren zu wollen. Aber: Die gesamte Welt – inklusive China – braucht immer bessere, effizientere und zukunftsweisendere. Und die kommen von TSMC in Taiwan. Der Handelsstreit zwischen den USA und China hat das Unternehmen erneut in den Fokus gerückt. Weil an den Produktionsstraßen des Unternehmens US-amerikanische Technologie zum Einsatz kommt, darf die Firma nun auch nicht mehr chinesische Hersteller wie Huawei beliefern. Das Politbüro in Peking ist darüber alles andere als amüsiert. Wie wird man dort reagieren? Kommt es zum militärischen Konflikt, in dem die USA Taiwan mit Sicherheit beispringen würde? Um auch zukünftig zu garantieren, dass iPhones noch besser werden in der Performance? Denn die chinesische Halbleiter-Industrie ist einfach nicht gut genug, um das Embargo mit eigenen Produkten aufzufangen. Gerd Mischler analysiert die Lage für golem.de.

Steht die Welt also vor einem Krieg in Ostasien?

Risikogebiet für die Halbleiterindustrie

the intercept leseliste

Glenn Greenwald vs The Intercept

Journalist Glenn Grennwald, den die ganze Welt spätestens seit den Snowden-Enthüllungen kennt, verlässt das von ihm gegründete Medium The Intercept und rechnet im gleichen Zuge ab: Gegründet habe er es, um einen unabhängigen, unzensierten Journalismus zu ermöglichen, der sagt was ist, ohne dabei von politischen Interessen und Kampagnen beeinflusst zu sein. Genau dieses Paradigma sei schon lange nicht mehr gegeben. Im Grunde bezeichnet er die derzeitig leitenden Redakteure als Verräter der selbstproklamierten, journalistischen Standards. Aufhänger ist ein Artikel von Greenwald über Biden, der laut Autor „zensiert“ werden sollte. Eine Antwort von Betsy Reed bei The Intercept ließ nicht lange auf sich warten: Greenwald brauche bloß Aufmerksamkeit und ein Image als „der letzte wahre Beschützer von investigativem Journalismus“ um Mitstreiter für ein neues Media Outlet zu finden. Greenwald hat derweil den Entwurf seines Artikels inklusive der Redaktionskommentare veröffentlicht. Die Geschichte entwickelt sich zur persönlichen Schlammschlacht um journalistische Ansprüche und Ansichten – und dürfte noch nicht zu Ende sein.

The current iteration of The Intercept is completely unrecognizable when compared to that original vision. Rather than offering a venue for airing dissent, marginalized voices and unheard perspectives, it is rapidly becoming just another media outlet with mandated ideological and partisan loyalties, a rigid and narrow range of permitted viewpoints.

My Resignation From The Intercept
Article on Joe and Hunter Biden Censored By The Intercept
The Aftermath Of My Move Back To Independent Journalism
Die Antwort von Betsy Reed (The Intercept):
Glenn Greenwald Resigns From The Intercept

Philosophie der zweiten Welle

Der Philosoph und stellvertretende Chefredakteur beim französischen Philosophie Magazine
Michel Eltchaninoff hat sich Gedanken über die zweite Welle der Pandemie gemacht, die in Europa nun wieder den Alltag bestimmt. Kann man aus den Erfahrungen der ersten Welle lernen? Liegen auch Chancen in der Wiederkehr? Eltchaninoff versucht mit Schopenhauper, Kierkegaard und Nietzsche neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Könnte man aber nicht auch fragen, ob uns die Erfahrung der ersten Welle einen Wissensvorsprung für die zweite gibt? Im Frühjahr waren wir auf der Hut, ängstlich, handlungsbereit und besorgt. Diese Zeit hat einige von uns aus Müdigkeit zu Fatalisten, andere aufgrund von Desillusionierung zu Zynikern gemacht.

Philosophie der zweiten Welle

gastro lockdown

Foto: Redaktion

Gastro-Lockdown Nummer zwei

Ab Anfang der kommenden Woche müssen sämtliche gastronomischen Betriebe wieder schließen, nur Außer-Haus-Verkauf ist erlaubt. Ob dies für viele bereits arg gebeutelte Unternehmen eine weitere Verschlimmerung der wirtschaftlichen Lage bedeuten wird, hängt nun auch davon ab, wie schnell die versprochene finanzielle Hilfe – 75 Prozent des Vorjahresumsatzes – fließt. Von Seiten der Gastronomie wird das Argument gegen die Zwangsschließung angeführt, dass es in Restaurants und Co. nur zu sehr wenigen Infektionsfällen gekommen sei. Das ist richtig, was die nachgewiesenen Orte der Infektion betrifft. Das Problem ist aber, dass dieses nur auf einen Teil der Gesamtinfektionen zutrifft, ungefähr drei Viertel sind unbestimmt. Nun müsse das Ziel sein, die Zahl der Begegnungen und Bewegungen deutlich zu verringern und Begegnungsorte zu schließen, um die Einschleppung von Infektionen in private Haushalte zu minimieren, so die Argumentation dieses Beitrags.

Wenn in immer mehr Familien und Haushalten Corona-Fälle auftreten, muss das Virus dort eingeschleppt worden sein. Und je mobiler die Menschen sind, um zum Sport, zur Arbeit oder in eine Bar zu gehen, desto mehr kommen sie in Kontakt.

In Restaurants steckt sich niemand an? Das ist das falsche Argument

XDB, Die Ärzte, The Humble BeeWochenend-Walkman – 30. Oktober 2020

Pageturner – Literatur im November 2020Tricia Sullivan, Susanna Clarke, Lauren Groff