Plattenkritik: Greg Gives Peter Space -s/t„Treffen sich Nick Drake und King Tubby auf der Transmediale. Sagt der eine ...“

Plattenkritik Greg Gives Peter Space

Greg Haines und Peter Broderick kennt man sonst als feingeistige Musiker mit beflissenen Filigran-Sounds. Zusammen haben sie sich mit Synthesizern und Tape-Delays ein kleines Raumschiff gebaut und wollten auf den Putz hauen. Mit Dub und Jamaica als Astronautennahrung. Ob das gut geht? Sputnik oder Challenger?

Vor einiger Zeit traf ich den Musiker Nils Frahm in seiner Wohnung in Berlin. Wir unkten herum, wann es denn endlich mal so etwas wie eine Erased-Tapes-Superband geben würde: Nils, Greg Haines und Peter Broderick. Für alle Fans des zeitgenössischen Feinklangs eine wundervolle Vorstellung wie das Finden eines Colaautomaten in der Sahelzone. Aus dem Übertrio wurde bislang nichts, dafür haben sich Greg Haines und Peter Broderick im Laufe der letzten Jahre als gute Freunde gefunden und mit Greg Gives Peter Space ein gemeinsames Dub-Projekt inklusive Langspielplatte/Mini-Album auf die Beine gestellt. Greg und Peter teilen eine Leidenschaft für Dub. Eine Musik, die mir persönlich selten gut eingelaufen ist. Zugegeben, ich habe nie im Hardwax seltene Seveninches gesucht. Als ich einmal aufgeregt im Honest Jon‘s in London war, bin ich ohne Platte wieder nach Hause gefahren. Irgendwann akzeptiert man, dass nicht jede Musik eine akustische Tankstelle sein muss. Ein Dubstinenzler sozusagen.

Greg Gives Peter Space hat den Charme einer verdopten Jamsession. Haines hat eine Sammelobsession für Synthesizer, Bandmaschinen und Tape-Delays. Dieser Maschinenpark wird fleißigst bearbeitet. Es schnarrt, federt und zerrt, es ist intim trotz der angespaceten Sounds, die weit, weit weg sein wollen. Eigentlich wollten Peter und Greg mal so richtig die Sau rauslassen, wo beide die vergangene Zeit über doch eher für bildungsbürgertümliche Sitzevents bekannt gewesen sind. Das gelingt ihnen aber nur bedingt. Ich habe selten ein Konzert oder eine Party erlebt, wo bei Dub frenetisch die Arme in die Luft geflogen wären. Das läuft auch hier nicht (Thank God). Dub und seine signifikanten Delay- und Basssounds funktionieren viel mehr als Klammer. Als eine Art programmatisches Improkonzept. Im Kern kristallisieren sich immer große Songfragmente heraus. Diese eindrucksvoll-verhaltenen Streicher am Ende des Openers „The Drive“ oder das zarte „Electric Eel River“, das klingt, als hätten Nick Drake, Arthur Russell und Andrei Tarkowski eine gemeinsame Musikmaschine geboren, was krank klingt, aber nur nett gemeint ist.

Selten klang die Vermählung von Dub/Reggae, Elektronik, Folk und Singer-Songwriter so unprätentiös gut. Es ist kein vermeintliches Genrefremdgehen wie man es sonst von Chartheimern wie Sasha oder Bela B kennt, die dann mal Psychobilly, Country oder Weißdergeierwas machen. Greg Gives Peter Space ist eine Art Verbeugung und erweitertes Interpretationsfeld von Dub. Das lassen wir nicht nur so durchgehen, für die anstehenden Sommerferien können wir uns kaum einen entspannteren Soundtrack vorstellen. TTAAKKtaaktatakdaa (hier einen Delay ihrer Wahl einsetzen) .......

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