Videopremiere: The Gentleman Losers – The Good Bird Singin' in the Twilight TreeDas neue Album der finnischen Kultband erscheint am 8. Dezember

Sieben Jahre haben die Gentleman Losers geschwiegen. Die Brüder Samu und Ville Kuukka legten das Projekt nach zwei Alben auf Eis und widmeten sich anderen Dingen. In ihrem gemeinsamen Studio brüteten sich hingegen nach wie vor jeden Tag. Nun ist die dritte LP fertig. „Permanently Midnight“ erscheint in wenigen Tagen. Bei uns seht ihr das erste Video.

Die Musik der Gentleman Losers war und ist etwas Besonderes. Zwei Multi-Instrumentalisten, deren wichtigstes Instrument tatsächlich das Studio als solches ist, in dem Altes und Neues, Analoges und Digitales über kilometerlange Kabel miteinander kommuniziert und so für den von allen Trends entkoppelten und einzigartigen Sound der Band verantwortlich ist. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Einzigartigkeit ist jeder Takt Musik der Gentleman Losers wie eine gut gepolsterte Abschussrampe in die eigene Vergangenheit: so warm und vertraut, dass man nicht umhin kommt, sich hinein zu stürzen in die wohlige Abstraktion der Erinnerung. Weiches Fallen ist garantiert. Ganz egal, wann man geboren wurde und welcher Generation man entstammt, welche Ereignisse man selbst miterlebt hat oder nur von Hörensagen kennt: The Gentleman Losers orchestrieren das Helle und das Dunkle, das Gute und weniger Gute der Untiefen unserer aller Seelen. „Music from a past that hasn’t happened yet“ heißt es auf der Webseite und genauso ist und klingt es.

The gentleman Losers Porträt

Samu und Ville Kuukka

The Gentleman Losers Permanently Midnight Artwork

The Gentleman Losers, Permanently Midnight, erscheint bei Grainly Records und kann in unterschiedlichen Versionen vorbestellt werden.

Vielleicht funktioniert diese Reise auch immer wieder deshalb so gut, weil die beiden Brüder Samu und Ville auch das Visuelle immer mitdenken und – mehr noch – zu einem integralen Bestandteil ihrer Arbeit gemacht haben. Das beginnt beim Artwork und der verwaschenen Abstraktion, der permanent vorhandenen Unschärfe, diesem Schleier, der über allem liegt und die Assoziations-Synapsen erst richtig in Fahrt bringt. Man will die Fotos genauso dechiffrieren, die Geschichte dahinter ergründen, wie jede einzelne Schicht Musik. Töne, Akkorde, verrauschte Versatzstücke unbekannter Herkunft: Alles ist wichtig, alle Elemente erzählen ihre ganz eigene Geschichte. Das gilt natürlich auch für die Videos. Egal ob für die Gentleman Losers oder an anderer Stelle. Der erste Clip für „Permanently Midnight“ zum Song „The Good Bird Singin' in the Twilight Tree“ präsentiert sich wie ein Super-8-Tagebuch längst vergangener Urlaubsreisen, auf denen man gerne dabei gewesen wäre, bei denen aber auch vieles zu stimmen schien. Die grellen und überdrehten Farben, die Menschen, denen die Gesichtszüge förmlich ausgekratzt wurden, das hektische und doch hoffnungsvolle Rauchen, die blitzenden Flugzeuge am Himmel: Die Gentleman Losers legen mit diesem Werk praktisch im Vorbeigehen die lange überfällige Soundtrack-Visualisierung zu Nevil Shute Norways dystopischem Klassiker „On The Beach“ vor. Der Roman – veröffentlicht 1957 – spielt im hintersten Zipfel Australiens, dem einzigen Teil der Erde, den der radioaktive Fallout nach kurzem, aber umso heftigeren Krieg noch nicht erreicht hat. „Alltag“ im Angesicht des drohenden Endes. Aber das ist nur eine Interpretationsmöglichkeit des Clips. Das neue Album der Band kann man hingegen nur auf eine Weise interpretieren: Es ist fantastisch geworden.

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