Planeten, Scheiße und KartoffelnFilmkritik: „Der Marsianer“

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Alle Fotos: 21th Century Fox

Ridley Scott begibt sich auf unbekanntes Terrain und dreht mit Matt Damon eine Abenteuerkomödie auf dem Mars. Fail oder filmischer Glücksgriff? Tim Schenkl klärt auf.

Der Regisseur von Filmklassikern wie Alien (1979) und Blade Runner (1982), aber auch des weniger überzeugenden Prometheus (2012) Ridley Scott hat sich wieder an einen Science-Fiction-Film gewagt. Sein neuestes Werk Der Marsianer nach dem gleichnamigen Roman von Andy Weir fühlt sich jedoch gar nicht so sehr nach Science-Fiction an, da es in einer nicht näher spezifizierten, aber relativ nahen Zukunft spielt.

Bei einer Forschungsmission auf dem Mars gerät eine unter der Leitung der Kommandantin Melissa Lewis (Jessica Chastain) stehende Weltraum-Crew in einen extremen Sandsturm und sieht sich gezwungen, die Basisstation auf dem roten Planeten zu verlassen und zur Erde zurückzukehren – was natürlich einige Zeit dauern kann.

Team

Alleine zurück lässt man den Botaniker Mark Watney (Matt Damon), den die anderen Astronauten für tot halten, da er während des Sturms von einem umherfliegenden Gegenstand getroffen worden war und sein Raumanzug keine Lebenssignale mehr ausgesendet hatte. So findet sich Matt Damon dann, wie schon in Interstellar, plötzlich ganz allein auf einem fremden Planeten wieder. Mark Watney nimmt seine Situation jedoch wesentlich leichter und mit deutlich mehr Humor als der zynische und selbstgerechte Dr. Mann aus Christopher Nolans spektakulärer Kubrick-Hommage. Überhaupt überrascht Der Marsianer durch seinen äußerst leichten, teilweise regelrecht humoristischen Ton, den man dem sonst eher verkniffenen britischen Strarregisseur so gar nicht zugetraut hätte. Und das anfangs eher Stirnrunzeln auslösende Casting der beiden vor allem für ihre komödiantischen Rollen bekannten Schauspieler Kristen Wiig (Bridesmaids) und Donald Glover (Community) als NASA-Pressechefin bzw. genialer Physiker macht vor diesem Hintergrund auch plötzlich Sinn.

Kristen Wiig

Mark Watney ist also nicht nur 30 Millionen Meilen von der Erde entfernt ganz allein auf einem Wüstenplaneten, er hat auch nur noch für 400 Tage Lebensmittel. Und selbst wenn es ihm gelänge, die NASA darüber zu informieren, dass er noch am Leben ist, dann würde eine Rettungsaktion mindestens vier Jahre dauern. Der Wissenschaftler sieht sich daher dazu gezwungen, „to science the shit out of this“ und beginnt in bester MacGyver-Manier damit, zuerst Feuer und Wasser herzustellen, um anschließend dann mehr oder weniger wortwörtlich aus Scheiße Gold zu machen, indem er seine eigenen Exkremente als Düngemittel zum Kartoffelanbau nutzt.

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Smells like Auftragsarbeit

Ridley Scott verzichtet in Der Marsianer auf bedeutungschwangere Symbolik und existenzialistische Schwere und inszeniert Mark Watneys spannenden Überlebenskampf im Weltraum mit leichter Hand. Der Film beinhaltet viele gelungene Gags, großartige Szenen, die besonders Tüftler und Technik-Nerds begeistern werden, sowie teilweise spektakuläre Kameraarbeit von Dariusz Wolski – auch wenn die 3D-Technik weiterhin ein Ärgernis bleibt und zumindest in dieser Form hoffentlich bald für immer verschwindet. Der Marsianer entstand jedoch ganz offensichtlich in enger Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA und dies ist durchaus problematisch. Scott zeichnet ein ausschließlich positives Bild des internationalen Weltraumprogramms und spricht ihm geradezu das Potential zu, den Weltfrieden herbeizuführen und rivalisierende Wirtschaftsmächte wie die USA und China friedlich zu vereinen. In diesen Momenten fühlt man sich dann leider manchmal wie in einem Werbefilm der NASA und beginnt sogar kurzzeitig Ridley Scotts Motivation zu hinterfragen, diesen für ihn eher ungewöhnlichen Stoff zu übernehmen. Doch hier sollen gar keine Verschwörungstheorien in die Welt gesetzt werden, denn Der Marsianer ist mit Sicherheit Ridley Scotts gelungenster Film seit vielen Jahren und besticht gerade dadurch, dass sich hier ein Hollywood-Schwergewicht mit ungeahnter Leichtigkeit auf neues Terrain wagt.

Der Marsianer – Rettet Mark Watney
USA 2015
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard
Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Jeff Daniels, Kate Mara, Michael Peña, Kristen Wiig, Donald Glover
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Harry Gregson-Wiliams
Laufzeit: 130 min
ab dem 8.10.2015 im Kino

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