Auf dem Weg: Osby / SchwedenEine Kamera, ein Bild und seine Geschichte

Auf dem Weg Osby Full

Die Musik ist verklungen, es ist ruhig im Zimmer und ich denke an Henrik. Mir wird bewusst, dass ich schon lange nicht mehr wirklich an ihn gedacht habe. Er fehlt und er fehlt sehr. Nun schon drei Jahre. Henrik war mein Freund.

Er kam aus Schweden, ganz aus der Nähe von dort, wo wir dieses Bild fotografiert haben. Dort in Südschweden besitzt seine Familie ein Stück Wald, ein Haus im Wald und ein kleines Haus am See. Dort durfte ich einige Sommer- und Wintertage verbringen. Mit Brigitte, Alva und Henrik natürlich. Spärlich zischten unsere Raketen an Sylvester in den schwarzen Nachthimmel über dem See. Reich war Henriks Leben, reich an Liebe, Freundschaften, an Reisen und Bedeutung.
Er hätte so ein Wort nicht gemocht, nicht in schwedisch, in englisch, oder deutsch.
Vielleicht beschreibt es auch nur mein Gefühl für ihn. Die Bedeutung, die er für mein Leben hatte. Seine Konsequenz, mit der er gelebt hat, für seine Familie, Brigitte, Alva und Zacharias, den er leider nicht mehr kennen gelernt hat. Henrik war immer ganz da, wo er sein sollte. Er hat sein Leben so gestaltet. Für die Menschen, die Werte, die ihm wichtig waren. Er war für mich so frei von der Ambivalenz, die gerade hier in Berlin so unerträglich werden kann. Trotzdem war er immer so froh und hat überall hin eine ganz große Leichtigkeit mit sich gebracht.

Oft bin ich früher Richtung Genf aufgebrochen. Zu ihm, Brigitte und Alva. Dort hat er für eine Humanitäre Organisation gearbeitet. Ich war immer sehr ruhig und glücklich, dort in ihrem kleinem Apartment. Einen Abend allein, als Brigitte und Alva in Berlin waren, haben wir unter anderem eine Flasche Aquavit gelehrt und, auf dem Boden sitzend, auf einem kleinem Ghettoblaster unsere Lieblingssongs gespielt. Später, recht betrunken, kam uns auch noch die fatale Idee, unsere Ex-Freundinnen anzurufen. Darüber soll hier geschwiegen werden.

Soviel habe ich verpasst und nicht gewusst über ihn. Seine Zeit mit der großen Band Thirddimension aus Malmö, seine Zeit für „Ärzte Ohne Grenzen“ in Südost-Asien. Bestimmt hat er mein Leben mehr geprägt und erhellt als ich seines. Natürlich hoffe ich, dass er froh war über unsere Freundschaft und gern wäre ich ihm die letzten Jahre näher gewesen.

In einem langen Bogen jetzt aber zurück zum Bild dieser Kolumne.

Es entstand nach einem langen Sommertag, einer langen Fahrt zum Meer und zurück, auf einem Supermarktparkplatz. Eigentlich ja ein hässlicher Ort. Wir waren müde und wollten nach Hause. Natürlich war gerade so ein Moment nicht fad und langweilig mit Henrik, wie man hier auf dem Foto gut sehen kann.
Zuletzt bin ich froh, dass wenigstens dieses eine Bild einen wichtigen Augenblick aus meinem Leben bewahren konnte. Nun spiele ich weiter alte Thirddimension-Songs, später vielleicht etwas andere, was Henrik auch gefallen hätte. Und denke an ihn.

Fabian Zapatka ist Fotograf. Er bereist teils Orte, von denen viele von uns nicht mal wissen, dass es sie gibt. Für Das Filter öffnet er jetzt nach und nach sein Archiv. Ein neues Bild und eine neue Geschichte gibt es jeden Mittwoch, nur hier bei uns.

Letzte Woche war Fabian in München.

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