Plattenkritik: Belle And Sebastian – Late Developers (Matador)Gude Laune aus Glasgow

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Das ging schnell: Das letzte Album „A Bit of Previous“ von Belle and Sebastian ist gerade mal ein dreiviertel Jahr alt, da kommt mit „Late Developers“ schon das nächste. Da lassen sich andere Bands, die ein Vierteljahrhundert Geschichte auf dem Buckel haben, deutlich mehr Zeit.

Dass es ein neues Release geben würde, wurde tatsächlich erst wenige Tage vor der VÖ bekannt gegeben – eigentlich ganz cool, die Ankündigungen sind aus technischen Gründen oft so früh, dass man sich das Thema selbst wiedervorlegen muss. Die Songs sind in einem Schwung mit denen des Vorgängers entstanden (das Sextett verbrachte in der Pandemie viel kreative Zeit miteinander) – es war einfach mehr Output zur Hand als nur für ein Album. Schwung ist das Stichwort: Belle and Sebastian sind meines Erachtens immer dann am besten, wenn sie heiter sind. Wenn die Songs des Albums großenteils in Dur sind, die Geschwindigkeit nicht zu moderat ist und die Vocals mindestens einmal pro Lied im Duett gesungen werden. Ich kann zwar schon verstehen, dass dies manchem Hörenden, zumal bei diesem Album, vielleicht eine Spur zu fröhlich ist. Ich für meinen Teil nutze es als Audiotherapie gegen Dunkelheit, Pseudo-Winter, von Raketen verschmolzene Müllcontainer vor der Haustür und die Visage des FDP-Spitzenkandidaten für die Wiederwahl daneben, der die A100 weiterbauen will. Nun, in Glasgow zu leben ist bekanntlich auch kein Zuckerschlecken, umso beeindruckender ist es, wie stoisch und optimistisch Stuart Murdoch und Konsort*innen hier am Werke sind, dazu möchte man geradezu mit einer Büchse Tennents Lager in der Hand durchs Glasgow Green hüpfen. Und dann kommt „I Don’t Know What You See In Me“. Es knallt und raucht und die Band steht plötzlich auf einer glitzernden Showbühne irgendwo zwischen Las Vegas und Mehrzweckhalle Ludwigsburg – Schlagerpop vom Feinsten, The Killers lassen grüßen. Das Schlusslied, es heißt wie das Album, zeugt nicht nur vom großen Herzen der Band, sondern auch von ihrer Klugheit. Gute-Laune-Musik steht ja oft im Verdacht, ein bisschen doof zu sein. Mitunter sicherlich zurecht. Hier nicht. Belle And Sebastian sind Humanist:innen. Cheers!

I will take the risk
Settle for the bliss
Aim for higher things
Keep my pencil clean
Get down on the floor
Put myself below
You and all of them
Happy serving them

Hanging by a thread a lifeline to your cloud
Slip into my pocket I won't rat you out
I'll take you to places where they sing their hearts out thundering joy
I'm loving the people who lift up their voices
Strong and loud

(Late Developers)

bs

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