Plattenkritik: DIIV – Frog In Boiling Water (Fantasy Records)Die Welt in den Abgrund gazen

DIIV Frog in Boiling Water Cover

Nach fünf Jahren bringt die New Yorker Band DIIV ihr neues Album „Frog In Boiling Water“ heraus. Zeitgenössischer Luxus-Shoegaze für die Apokalypse.

Früher gab es mal Shoegazer-Witze. Einer ging glaube ich so: Woran erkennst du, dass ein Shoegazer sich in dich verliebt hat? Er guckt auf deine Schuhe. Die New Yorker Band DIIV macht Indie und Shoegaze seit 2011, wobei die Hinwendung zum Shoegaze erst allmählich kam, man aber das Gefühl hat, dass die Band vorerst am Ziel angekommen ist. DIIV haben alterstechnisch mit My Bloody Valentine oder Slowdive nicht viel zu tun. Die Band um Sänger Zachary Cole Smith hat ihren Sound des introvertierten Noise-Pop weiter entwickelt und sich für das neue Album „Frog In Boiling Water“ fünf Jahre Zeit gelassen. Produziert wurde die Platte von Chris Coady, der auch schon mit Beach House, Grizzly Bear, Yeah Yeah Yeahs und Future Islands zusammen arbeitete. Beim Vorgänger „Deceiver“ saß noch Sonny Diperri am Mischpult, der den Sound verzerrt und direkter inszenierte.

Coady entschlackt den Gesamtsound, macht die Songs offener, poppiger, aber auch kuscheliger. Wohlige und weiche Soundwolken werden hier aufgeschlagen. Wie zuletzt bei Slowdive zeigt sich das Genre von seiner polierten und edlen Seite. Unverkrampft, abgeklärt, aber kann man für so etwas eigentlich auch zu überproduziert und zu gut klingen? Persönlich liebe ich Röhren, Rauschen und scheppernde Distortion. „Frog In Boiling Water“ ist aber ein ziemlich präziser Entwurf. Hier wird nicht unnötigerweise geschichtet, wo es nichts zu schichten gibt. Es geht auch nicht daum Charttauglichkeit zu beweisen.Ich finde die Songstrukturen und Chord-Progressionen kreativ und erfrischend, ein angenehmer, nostalgischer, aber kein verstaubter Raum, wird hier aufgemacht. Das Spektakel liegt im Unspektakulären. Für einige ist das Stillstand, das ist es aber nicht. Inhaltlich geht es um den Weltuntergang im Spätkapitalismus. Dass wir alle wie Frösche im immer heißer werdenden Wasser sitzen und versäumen, etwas dagegen zu unternehmen. Wenn die Apokalypse so klingen sollte, dann feiere ich das zwar nicht, es wäre aber versöhnlicher. Das ist schon eine Menge Trost.

Plattenkritik: Peggy Gou – I Hear You (XL Recordings)Zwischen Vogue und Formula One

Plattenkritik: Sun People – Emotional Distortions (Candy Mountain)Wenn der Hybrid-Floor brennt