Leseliste: 15. November 2015 - andere Medien, andere ThemenHollywood, Edward Snowden, Erfindung des Rock'n'Roll, Sonntags-Blues

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Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Griffith

Foto: Griffith-Sternwarte via Shutterstock

##Luxus-Geohacking
HOLLYWOOD. Lettern auf einem Hügel, die symbolisch für eine Traumwelt stehen. Und jedes Jahr unzählige Menschen anlocken, die zu ihnen gelangen wollen. Was die Anwohner, gut betuchte, nervig finden: Touristen, Autoschlangen, ein Hund soll deswegen schon überfahren worden sein. Die Buchstaben physisch verschwinden lassen - undenkbar. Dann eben online: Via Google Maps werden Pilgerer, die es zu den Schildern im übrigens größten Stadt-Naturgebiet der USA zieht, zur Griffith-Sternwarte fehlgeleitet. Apple Maps und Bing bringen sie ebenfalls auf den Holzweg. Der örtliche Bezirksrat hat die Interessen der Anwohner doch tatsächlich bei den großen Unternehmen und ihren Mapping-Dienstleistern durchgeboxt.

This is the next iteration of a gated community.

Why people try to erase the Hollywood sign from Google Maps

##Fünf Stunden Snowden
Zeit für ausgiebige Gespräche hat er ja: Edward Snowden hängt nach wie vor in Moskau fest. Fünf Stunden räumte er den schwedischen Journalistinnen Lena Sundström and Lotta Härdelin für ein Interview in einem schummrigen Hotel der Hauptstadt Russlands ein. Themen: viel Persönliches, aber dann auch Snowdens Meinung über den "war on terror" und das fatale Drohnen-Programm der USA. Das Interview fand freilich vor den schrecklichen Ereignissen in Paris statt. Hätte Snowden - auch wenn es an Richtigkeit nichts eingebüßt hat - sonst diesen Satz gesagt? Vielleicht schon.

„The drone program creates more terrorists than it kills. There was no Islamic State until we started bombing these states. The biggest threat we face in the region was born from our own policies.“

Five hours with Edward Snowden

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"SunStudioSamPhillipsAvenue" by Egghead06 - Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Commons.

##Rock'n'Roll
Dieser Tage ist die Biographie über Sam Phillips erschienen. Sam Phillips? Einige nennen ihn den Erfinder des Rock'n'Roll, andere den Entdecker. In seinem kleinen „Sun Studio“ im Memphis nahm er Tracks von Musikern auf, die in der übersichtlichen Label-Landschaft in den 1950ern bei den US-amerikanischen Majors nicht landen konnten und vermittelte die Aufnahmen erfolgreich an kleine Indies, bis er seine eigene Plattenfirma gründete: Sun Records. Elvis, B. B. King, Ike Turner, Johnny Cash, Jerry Lee Lewis, oder auch Roy Orbison: Alle nahmen bei ihm ihre ersten Platten auf. Louis Menand nutzt im New Yorker die Gelegenheit, die klassische Buchrezension um eine grundlegende Analyse des Rock'n'Roll zu erweitern. Wie entstand die Musik, wie wurde sie vermarktet und vor allem an wen – die vielleicht entscheidendste Frage in den immer noch von der Rassentrennung dominierten USA. Es geht nicht nur um den Aufbau von Künstlern, sondern auch um die Nutzung der zur Verfügung stehenden Medien: Platte, Radio, Fernsehen, Juxebox: Alles war schon in den 1950er-Jahren bis ins letzte geplant und wurde marktanalytisch beobachtet. Und dann kam Elvis Presley.

„Elvis war der erste echte Crossover-Künstler.“

The Elvic Oracle

Leseliste 15112015 Hilfe Sonntag

Kirche via Shutterstock

##Was geht ab, Sonntag?
Der Sonntag ist auch nicht mehr das, was er mal war. Ging man früher am Sonntag in die Kirche und war brav und langweilig, müssen Sonntage heute besser performen als jeder andere Wochentag. Yoga, Kinderprogramm, Sport, Kuchen backen, Ausstellung besuchen, Käsemesse in der Markthalle 9, Panoramabar, Networken, Kochen, die Das-Filter-Leseliste studieren. Am Sonntag muss man heutzutage alles machen, nur richtig entspannen, scheint da nicht mehr drin. Die Zeit-Autorin Iris Radisch nimmt den heiligen Tag auseinander und kommt zum Schluss: Der Sonntag kann einem leid tun. Na denn ... Thank god, it's monday soon.

Der Sonntag ist zu einem Kampftag geworden, von dem man sich noch den halben Montag über im Büro erholen muss. Wie gelähmt hängen die Sonntagsüberlebenden am Montagmorgen in den Pendlerzügen und auf den Bürostühlen, erschöpft von der freien Zeit, in der sie sich beweisen mussten, dass sie ihre persönliche Bilanz auf der nach oben offenen Glücksskala ein Stück vorangetrieben haben.

Hilfe, Sonntag

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Godspeed You! Black Emperor, Ostgut Ton und Goldmund

Utopie und WirklichkeitFilmgespräch: „Steve Jobs“