Alex Stolze – NewUnser Video des Tages

Alex Stolze lede

Vier Minuten und 16 Sekunden Hoffnung.

Alex Stolze war schon immer ein Getriebener. Und in seiner Getriebenheit auch noch mehr als umtriebig. Das hat vielleicht damit zu tun, dass ihn sein Lieblingsinstrument – die Geige – zu jemandem machte, der nicht so recht ins Raster passen wollte. Ein brillanter Musiker mit vielfältigen Ideen. Egal ob als Macher von Bodi Bill, bei Unmap, als Mitglied des Solo Collective – zusammen mit Anne Müller und Sebastian Reynolds – oder bei Dictaphone. Und wenn die Zeit reichte, galt es auch noch das Label Krakatau zu betreuen mit Releases von Lake People, Hundreds oder eben Bodi Bill selbst – busy times. Seit 2016 betreibt er mit Nonostar ein neues Label. Und genau dort erscheint am 16. März sein Album „Outermost Edge“ – eine wundervolle Platte, die vieles ist, vor allem aber ein überzeugender Pop-Entwurf, sanft und vorsichtig. So gut verstand sich Alex’ Geige noch nie mit seiner Stimme und der Elektronik.

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Das Video zu „New“ spiegelt die Stimmung der LP sehr gut und repräsentativ wider. Und in den rund vier Minuten Bewegtbild – Andrea Huyoff führte Regie – zeigt sich auch exemplarisch, wie getrieben der Musiker wirklich ist. Mit seinem Equipment, schweren Monitor-Boxen und einer Autobatterie für den Strom begibt er sich auf Reisen und baut sich überall dort zum Spielen auf, wo man es nicht erwarten würde.

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Es beginnt in London beim Shopping – Musiker müssen gut aussehen, doch schnell wird klar, dass dieses Video eine ganz andere Geschichte erzählen will. Am Fährhafen in Dover zwischen den Trucks spielt er, auf dem Schiff während der Überfahrt und in Frankreich angekommen inmitten der Flüchtlingsmisere. Immer dabei: ein silbernes Köfferchen und den Gegeinkasten. Stolze sieht dabei ein bisschen aus wie ein für die Kinderbibel stilisierter Jesus, hat keine Scheu und bringt die Musik zu den Menschen. Da winken Anwohner hinter Fenstern, Hunde bellen und die Kanalküste glitzert in der Sonne. Diese visuelle Sprache passt so wunderbar zur Musik – so etwas kann man sich nicht ausdenken. Vier Minuten und 16 Sekunden Hoffnung. Denn natürlich kommt das alles nicht von ungefähr. Stolze will zu den Rändern der Gesellschaft, an den Bruchstellen selbst forschen, sie verstehen. Die Ödnis, die Hoffnungslosigkeit, die Leere – all dies reicht von London unter der Brexit-Sonne über die Camps an der Küste bis ins karge Wohngebiet, wo schon längst nichts mehr ist. Das sind Dinge, die uns alle angehen. Und Stolze wählt dabei den Weg, der ihm am nächsten ist.

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