Endlich! Vinyl bald auch in HDBesserer Klang, längere Spielzeit, aber geht das überhaupt?

HD Vinyl lead

Aprilscherz oder echte Revolution? In Österreich will man Mittel und Wege gefunden haben, um der Schallplatte zu besserem Klang zu verhelfen. Mit Hilfe eines Lasers. Das Unternehmen sucht nun nach Investoren, um das „HD Vinyl" Wirklichkeit werden zu lassen.

Vinyl hat bestimmte klangliche Charakteristiken, die einerseits dem Medium als solchem, vor allem aber der Art und Weise, wie die Toninformationen auf die Schallplatte gelangen, geschuldet sind. Denn bevor Single, Maxi oder LP in Produktion geht – gepresst wird – muss die Musik „in die Rille“. Von diesem Master – ganz vereinfacht gesprochen – werden dann die Platten hergestellt, die wir im Laden kaufen können. HD Vinyl setzt genau an dieser Stelle – beim Umschnitt – an.

Angestoßen hat das Projekt die österreichische Firma „Rebeat Digital“, ein Software-Unternehmen, das Musikern, vor allem aber Labeln und Vertrieben die Arbeit erleichtern soll, gleichzeitig aber auch als Aggregator den digitalen Vertrieb übernimmt, Musik also auf den einschlägigen Plattformen wie iTunes und Spotify in Umlauf bringt. Entwickelt wurde das Verfahren von „Joanneum Research“, einem angesehenen Forschungsinstitut.

Worum geht es nun genau bei HD Vinyl? Die Toninformationen sollen zukünftig nicht mehr auf der traditionellen Schneidemaschine auf die Master-Schallplatte übertragen werden. Diese Überspielung – erster Bonus von HD Vinyl – erfolgt in Echtzeit, dauert also lange, bzw.: länger als eigentlich notwendig. Beim HD Vinyl übernimmt ein Laser die Schneidearbeit. Die Musik soll dazu in einem CAD-Programm aufbereitet werden, bevor der Laser dann die Rille stichelt. Dieser Transfer soll auch deutlich schneller möglich sein. Zeitersparnis ist also der erste potenzielle Nutzen, den HD Vinyl bieten soll. Wie schnell sich eine LP-Seite mit dem neuen Verfahren umschneiden lässt, ist im Moment noch unklar, spielt aber auch gar keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, dass von der so produzierten Master-Schallplatte sofort Platten gepresst werden können. Es entfallen also zahlreiche andere Arbeitsschritte, die die Herstellung von Vinyl aktuell immer noch ausbremsen, vor allem die Galvanik. Bis hier erinnert das neue System an das wenig genutzte „Direct Metal Mastering“, kurz DMM, bei dem die Musik direkt auf eine Metallplatte geritzt wird. DMM eignet sich vor allem für bestimmte Arten von Musik, Klassik zum Beispiel, und verspricht weniger Rauschen als der Folienschnitt. Andere musikalische Genres würden mit einem solchen DMM-Umschnitt hingegen gar nicht gut klingen: DMM mag keinen Bass. Das bekommt der Schneidestichel nicht hin. Aber genau auf den soll ja in Zukunft verzichtet werden.

Und hier liegt der zweite, viel wichtigere Vorteil von HD Vinyl. Durch die Laserung der Rille soll der zur Verfügung stehende Dynamikumfang einer Schallplatte deutlich verbessert werden. Denn der Schneidekopf einer traditionellen Schneidemaschine kann sehr warm werden und dabei kaputt gehen. Also filtert der Toningenieur bestimmte Frequenzen beim Umschnitt, um die alte und kaum ersetzbare Technik nicht zu gefährden. Das neue Verfahren verspricht eine 1:1-Abbildung des gesamten Frequenzspektrums auf der Schallplatte. Eine Schallplatte, die mit allen handelsüblichen Systemen auf jedem Plattenspieler abgespielt werden kann.

Mit anderen Worten: Die neue Schallplatte klingt wie die CD. Ist das nicht kontraproduktiv? Und geht das überhaupt? Und basiert die Renaissance der Schallplatte nicht dem Versprechen, eben nicht wie die CD zu klingen? Wird der „kalte“ Sound der Silberlinge auf dem Vinyl wiederbelebt?

Wie gut die so auf das Vinyl transferierte Musik wirklich klingt, bleibt abzuwarten, hängt aber natürlich auch noch von anderen Faktoren ab. Welchen Plattenspieler hat man im Einsatz, was für eine Headshell, vor allem natürlich welches System und welche Nadel. Einen gleichbleibenden Klang über eine gesamte LP-Seite dürfte HD Vinyl hingegen auch nicht gewährleisten. Auch wenn das neue System durch den Laser-Einsatz eine deutlich präzisere Rille produzieren soll, in der deutlich mehr Informationen abgelegt werden können, bleibt eine Schallplatte eine Schallplatte. HD hin oder her. Denn je näher die Nadel dem Ende einer Seite auf der LP kommt, desto kürzer ist die zurückgelegte Wegstrecke bei einer Umdrehung. Ergo werden auch weniger Informationen abgetastet, was zu Klangeinbußen führt. Aus der CD auf Platte wird also nichts.

Ob das alles Sinn macht oder nicht, sei dahingestellt. Ohne Investoren ist das Projekt ohnehin dem Untergang geweiht, wie viel Zeit noch für die Entwicklung benötigt wird, weiß niemand, und ob dann die Schallplatte immer noch so hip ist wie aktuell auch nicht. Dass Vinyl immer so gut klingen sollte wie möglich, ist klar. Ob das bei der Anwendung dieses neuen Verfahrens aber wirklich der Fall wäre, ist ganz und gar nicht klar. Denn Musik auf Vinyl ist ein kultureller Kompromiss, an den man sich gewöhnt hat. Ob man sich davon wieder entwöhnen kann und vor allem will: Bis man den A/B-Vergleich machen kann, müssen noch viele Platten aufgelegt, umgedreht und wieder ins Regal gestellt werden.

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